Einen Traum verwirklicht trotz unmöglicher Voraussetzung

Am 14. September um 07:38 Uhr Ortszeit in Nizza begann mein Traum. Es war angerichtet und die Wettervorhersage war vielversprechend. Der Ironman World Championchip 2025 begann. Auch an diesem Tag mussten 3,8km geschwommen, 180km Rad gefahren und 42,195 gelaufen werden.

Die Schwimmbedingungen waren in Ordnung und es durfte auf Grund der hohen Temperaturen von über 25,5 °C nur ohne NEO geschwommen werden. Auf Höhe der Richtungswechsel-Bojen, ca. 800m weit im Mittelmeer, war der Wellengang etwas intensiver. Ich versuchte ruhig zu bleiben, denn ich hatte eines meiner 3 gesteckten Ziele vor Augen: Ich möchte das Schwimmen beenden.

Warum dieses niedrig gesteckte Ziel, wo ich mich doch noch im Juni beim Ironman Frankfurt mit einer guten Wettkampfzeit qualifizieren konnte. Bei mir wurde 6 Wochen vor den Weltmeisterschaften ein Leistenbruch festgestellt, der operiert werden musste. „An diesem Tag hatte ich mit Nizza abgeschlossen, da die Schonzeit ca. 4Wochen nach erfolgten OP-Termin eingehalten werden musste“. D.h. es war nahezu ausgeschlossen noch gesund an der Startlinie zu stehen. Doch wie auch inmitten eines Wettkampfes gibt es „Tiefen“, die es zu überwinden gilt und nicht aufzugeben. Also wurde ich dank meiner Mama bei einem Chirurgen vorstellig und dieser stellte nochmal alles auf den Kopf. Der Chirurg war ein wahrer Glücksfall. Ich war in die richtigen Hände gelangt. Mit medizinischer Kompetenz und Organisationstalent ermöglichte er mir 5 Wochen vor Wettkampf einen OP-Termin.

Nach nur 5 Wochen nach OP-Termin stand ich nun an der Startlinie und konnte teilnehmen. „Eine Vorbereitung von 8 Tagen sollten ausreichen, denn ich glaubte, dass noch genug im Tank war von den 2 Jahren Vorbereitung zuvor.“ Jedoch stellte sich heraus das 6 Wochen komplette Ruhe doch wie ein Neuanfang sind. Daher stellte ich mir die 3 Ziele: „1. Schwimmen absolvieren – sollte es hier nicht mehr weiter gehen, dann hast du es versucht. 2. Radfahren absolvieren – Dieses Ziel war nur realistisch, wenn alles gut läuft, denn ich wusste nicht, was bei der langen Zeit in der AERO – Position passiert. Das 3. und höchste und für meine Vorstellung nicht zu erreichende Ziel war das „Ankommen“ im Zielbereich.

Während des Schwimmens fühlte ich mich ganz gut und konnte bei den ersten 800m sogar an meinen Vorderfüßen dranbleiben. Jedoch merkte ich, dass ich nun bei einer Weltmeisterschaft bin und das Tempo wurde härter. Doch nach den ersten von Adrenalin gepeitschten 800m musste ich die vor mir Schwimmenden ziehen lassen und schwamm mein eigenes Tempo. Nach weiteren 1000m kam schon das hintere Schwimmfeld der nach uns gestarteten Welle (AK45-49). Ich dachte es kommen Delfine vorbei geschwommen, so schnell waren die ersten Athleten. Nach 1:25h kam ich aus dem Wasser und war mit dieser Zeit ganz zufrieden. Die letzte Schwimmeinheit vor dem Wettkampf war sehr enttäuschend und ich rechnete mit längeren Zeiten. Erstes Ziel war geschafft und so ging ich mein zweites Ziel – Das Radfahren – an. Ich haderte lange, ob ich mein Zeitfahrrad und mein normales Rennrad auf die Strecke nehme, da diese Radstrecke es echt in sich hatte. Ich dachte: Berge liegen mir und damit werde ich weniger Probleme haben, als die gebeugte Position auf dem Zeitfahrrad. Jedoch verlangte diese Radstrecke alles ab und es wurde mir klar, warum dieser Ort als Alternative zu Hawaii gewählt wurde. Anstiege von über 12% und eine Auffahrt in die Seealpen von über 15km. Die Natur und das Panorama entschädigten für Alles. Nach dem ich oben auf dem Plateau angekommen war, stellte sich ein kräftiger Wind ein, sodass die Belastung vom Berg nicht abriss. Das ging es zu den langen Abfahrten und auch die hatten es in sich. Nach ca. 155-160km durfte die Konzentration nicht nachlassen, denn eine kleine falsche Entscheidung und schnelle Handlung, könnte das Eigene aber auch das Leben eines anderen Teilnehmers gefährden. Nach knapp 06:53h war die rasante Fahrt vorbei. Erstaunlicherweise ging es mir immer noch gut und die Leiste ließ noch nicht von sich hören. Bis jetzt war für mich Alles erreicht, was ich mir vorstellen konnte, dennoch versuchte ich den Marathon zu beginnen. Nach ca. 2 km merkte ich jedoch, dass die Leistengegend stechend schmerzte, sodass ich das Tempo reduzieren und die Schrittlänge verkleinern musste. Dann folgte Schritt auf Schritt und Kilometer fuer Kilometer und Verpflegungsstation nach Verpflegungsstation. Es waren 4 Runden zu laufen und  nach der letzten Wende waren es noch 5 Kilometer. Es waren, die mit Abstand schönsten letzten 5 Kilometer, die ich in einem IRONMAN-Wettkampf bisher hatte. Als ich durch die Ziellinie lief, hatte ich Gänsehaut und anders als in Frankfurt konnte ich auch diesmal meine Familie in Empfang nehmen. Einer der schönsten Gefühle, die man sich vorstellen kann. Erleichtert und von Dopamin übermannt saß ich im Ziel und versuchte zu Begreifen, was gerade passiert war.

Wenn ein Athlet mich fragen würde, ob er nach einer Leisten-OP 5 Wochen später starten sollte, würde ich abraten, da es echt unvernünftig ist aber ich glaube ich würde es noch einmal so machen, wenn ich vor der Entscheidung stehen würde.

Ganz besonderen Dank geht an meine Familie, an Herrn Dr. Nefedov und an die Sponsoren.

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